Grußwort aus dem Gemeindebrief
Liebe Leserin, lieber Leser,
dass sich etwas verändert, gehört zu unserem Leben und das kennen wir auch alle: Im Laufe der Zeit oder durch bestimmte Ereignisse und Erfahrungen verändern sich Beziehungen, Wohnräume, Frisuren oder Lebensmittelpunkte.
Dass ein Krieg das ganze Leben auf den Kopf stellt, müssen die Menschen aus der Ukraine gerade aufs Leidvollste erfahren. Von einem Tag auf den anderen werden Menschen zu Soldat*innen, Flüchtlingen, Witwen, Waisen, ein Schatten ihrer selbst.
Wir fühlen uns angesichts dieses Angriffskriegs so ohnmächtig, hilflos und es macht uns Angst. In unseren ökumenischen Friedensgebeten zünden wir gemeinsam Kerzen an und denken an die vielen Menschen, die zu Opfern werden, wir geben unseren Sorgen und unserer Angst Raum, hören auf die biblische Friedensbotschaft, die Frieden auf Erden verheißt. Wir beten, schöpfen Kraft, unerschütterlich an den Frieden zu glauben und deshalb auch nie die Hoffnung aufzugeben auf ein friedliches Miteinander im Großen und im Kleinen.
Wir kommen von Ostern her – dem Ereignis, das Wirklichkeit verändert.
Es verändert das bisherige Gottesbild: Der, der auf Golgatha zutiefst erniedrigt worden ist, ist der, der an die höchste Stelle rückt und damit werden alle Erfahrungen von Erniedrigung und Leid, die Menschen erleben müssen, mit diesem Erniedrigten verbunden. Es gibt keinen Ort und keine Lebenssituation von Menschen mehr, wo Gott nicht bei ihnen ist und an ihrer Seite bleibt, weder Tod noch Leben kann den Menschen dann mehr von Gott trennen. Und auch nach Ostern und dem Osterjubel, dieser Freude darüber, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und die Herren dieser Welt nicht Herr über unser Leben sind, dürfen und können wir Leiden und Sterben nicht kleinreden, müssen wir weiter hinsehen, wo Menschen zu Opfern werden.
Aber wir alle sind – im ganz normalen Alltag – in diese neue Wirklichkeit gestellt.
Dort, wo z. B. einer, gegen alle Vernunft, dem anderen neu vertraut oder wo einer es wagt, das Unrecht beim Namen zu nennen und sich selbst nicht ausnimmt und seine eigene Schuld bekennt. Die veränderte Wirklichkeit wird erfahrbar, wo einer das Unbequeme wagt und offen seine Meinung sagt, wo einer gegen die Strömung schwimmt und fremde Lasten auf sich nimmt, wie Reinhard Bäcker es in seinem Osterlied beschreibt.
In diese neue Wirklichkeit, in diese veränderte Wirklichkeit sind wir alle gestellt und wir freuen uns, dass unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden in ihrer Konfirmation Ja dazu gesagt haben, dass sie sich berühren lassen wollen von dieser Hoffnung, die alles verändert und sie im Alltag erlebbar machen wollen.
Und bei der Konfirmation selbst hat sich etwas verändert für unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden: Es gibt niemanden mehr, der stellvertretend „ja“ sagt, wie es die Eltern und Patinnen und Paten bei der Taufe getan haben, sondern sie selbst haben „ja“ gesagt, um zu bezeugen und zu bekräftigen, dass sie als Kinder Gottes mit uns weiter auf dem Weg bleiben wollen.
Ich wünsche uns, dass wir alle als Gemeinde darin weiter im Glauben und im Vertrauen auf Gott gestärkt werden und trotz allem mit frohem Mut und in der Hoffnung auf Gott alle Veränderungen in unserem Leben, in unseren Dörfern, in unserer Welt angehen.
Ihre Pfarrerin Bärbel Gnamm